Intelligente Gegenstände als Lebensretter
Lektion 3
Auch mit Gehstock schick und smart!
Irmgard: Ein herrlicher Tag! Danke, dass du das Beet neu bepflanzt. Daran werde ich lange Freude haben. Schau dir nur diese Rosen an, wunderbar!
Maria: Ach, ich liebe es zu gärtnern. Das ist eine willkommene Abwechslung zum Alltagsstress. Dabei kann ich richtig gut abschalten.
Irmgard: Ach ja, früher habe ich das auch gerne gemacht. Ich liebe meinen Garten. Aber seit meiner Hüftoperation ist das nicht mehr möglich. Ich bin schon froh, dass ich überhaupt noch so gut gehen kann, wenn auch mit einem Gehstock.
Maria: Omilein, ich weiß, das ist nicht so leicht für dich. Aber ich finde, dass du mittlerweile wieder ziemlich gut läufst. Du machst ja auch immer fleißig deine Übungen. Den Stock finde ich übrigens sehr schick!
Irmgard: Der ist toll, oder? Ein Weihnachtsgeschenk von Opa. Der Stock ist nicht nur schön, sondern auch intelligent.
Maria: Wie? Was kann der denn? Hat er eine integrierte Kamera oder einen kleinen Motor?
Irmgard (lacht): Nein, das nicht, aber der Gehstock kann zum Beispiel meinen Standort ermitteln, wenn man die Funktion anstellt, oder eine Nachricht an deinen Vater senden, falls ich mal stürze und nicht selbstständig aufstehen kann.
Maria: Wow, wirklich unglaublich, was es alles gibt. Weißt du denn, wie er genau funktioniert?
Außen Gehstock, innen KI
Auf den ersten Blick wirkt der smarte Gehstock ganz gewöhnlich. Erst auf den zweiten Blick fällt die verarbeitete Technik auf. Umgreift Irmgard den Stock, leuchtet ein LED-Kreis auf. Der Stock wird durch Berührung mithilfe eines Tastsensors aktiviert.
Im Inneren des Spazierstocks sind mehrere Bewegungssensoren eingebaut, etwa ein Accelerometer. Dieser kleine Sensor misst, welche Trägheitskraft auf eine kleine Testmasse wirkt. Die Trägheitskraft kann man sich als Widerstand vorstellen, den die Testmasse einer Beschleunigung entgegensetzt.
Daher kann über die Trägheitskraft berechnet werden, wie stark sich der Stock beschleunigt, wenn er beispielsweise umfällt.
Unterstützt wird der Beschleunigungssensor durch ein Gyroskop. Darunter kann man sich einen Kreisel vorstellen, der sich schnell in einem runden Käfig dreht. Weil er sich so schnell dreht, behält der Kreisel seine Position auch dann bei, wenn sich die Lage des Käfigs verändert. Der Käfig wiederum ist fest im Gehstock verankert.
Durch das Verhältnis von Kreisel und Käfig zueinander lässt sich bestimmen, ob der Stock gerade aufrecht steht oder horizontal liegt. Für eine exakte Positionsbestimmung ist in den Gehstock auch GPS integriert.
Smarte Geräte funktionieren immer nach dem gleichen Prinzip: Sensoren messen Daten und Algorithmen errechnen daraus Informationen. Gemessene Daten und extrahierte Informationen sind also nicht identisch.
Exercise:
Welche Daten erheben die verschiedenen Sensoren und Messtechniken?
Exercise:
Gut aufgepasst? Teste dein Wissen!
Und wenn nur der Stock fällt?
Wenn Irmgard mit ihrem Stock unterwegs ist und stürzt, löst ein integrierter Sturzdetektor einen Piepton aus. Kann sie sich nicht mehr selbstständig aufrichten und der Stock bleibt am Boden liegen, erhalten ihre Kontaktpersonen eine Nachricht.
Maria fragt sich jedoch, wie hoch die Aussagekraft der gemessenen Daten sein kann. Was ist, wenn Irmgard den Stock irgendwo angelehnt hat und dieser unbemerkt umfällt?
Irmgard erklärt ihrer Enkeltochter, dass bei der Konstruktion des smarten Gehstocks sogar an diesen Fall gedacht wurde: Meldet das Gyroskop eine plötzliche Veränderung der Position, ohne dass der Tastsensor zuvor Daten geliefert hat, wird kein Alarm ausgelöst.
Der intelligente Gehstock wird über den Drucksensor durch die Auflage einer Hand aktiviert. Daher wird kein Alarm ausgelöst, wenn der an der Wand lehnende Stock umfällt.
Gleitet der Stock Irmgard aus der Hand, registriert das Gyroskop eine veränderte Position des Kreisels. Hebt Irmgard den umgefallenen Stock jedoch wieder auf, rotiert der Kreisel wieder in seine ursprüngliche Position und es wird kein Alarm ausgelöst.
Exercise:
Der Nachbarsjunge kommt in den Garten der Falahatis, um Ball zu spielen. Auch er ist sofort von dem blinkenden Gehstock fasziniert. Er nimmt den Stock in die Hand und wirbelt ihn kurze Zeit später durch die Luft.
Kann der Gehstock tatsächlich immer erkennen, was gerade los ist? Wähle aus.
Messfehler in Daten können dazu führen, dass die falschen Informationen extrahiert werden. Ein Algorithmus kann immer nur mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit die Bedeutung von Informationen – etwa Sturz oder Spielerei – erschließen, indem er mehrere Daten kombiniert. Daher brauchen KI-Systeme in smarten Geräten sehr viele Daten, um möglichst fehlerfrei zu arbeiten.
Oft ziehen sie auch Metadaten (also Daten zu den Daten) heran, die Auskunft darüber geben, wie Daten entstanden sind. Zu Metadaten zählen beispielsweise Orts- und Zeitdaten, die mit den Sensordaten verknüpft sind.
Mein Gehstock kennt meine Gewohnheiten
Maria: Oma, ich finde deinen smarten Stock wirklich bedienungsfreundlich und effizient. Ich frage mich aber, was passiert, wenn du den Stock fallen lässt und ihn nicht so schnell wieder aufheben kannst, dass kein Alarm ausgelöst wird.
Irmgard: Du machst dir immer so viele Gedanken, mein Liebes!
Maria: Naja, die Sensoren können noch so genaue Daten erheben, sie wissen aber doch beim Umfallen des Stockes nicht, dass du nicht mit umgefallen bist, sondern nur etwas länger brauchst, um den Stock wieder aufzuheben.
Irmgard: Oh doch, das haben die Hersteller tatsächlich bedacht. In den ersten Wochen wurde kein Alarm ausgelöst, wenn ich den Stock versehentlich habe fallen lassen. Ein KI-System hat in dieser Zeit meine Nutzungsgewohnheiten kennengelernt.
Maria: Wie meinst du das?
Irmgard: Naja, es hat in dieser Zeit alles Mögliche registriert: Fällt mein Stock oft? Wie lange brauche ich, um ihn aufzuheben? Anhand dieser Daten wurde ein individueller Zeitrahmen für das Aufheben des Stockes ermittelt.
Maria: Das ist ja unglaublich. Der Gehstock ist also nicht wegen einzelner Daten so smart, sondern wegen des Zusammenspiels und der gegenseitigen Ergänzung der verschiedenen Sensoren und Messungen.
Irmgard: Genau so ist es.
Maria: Dadurch wird die Aussagekraft der einzelnen Daten gesteigert. Der Stock ist dann auf dich personalisiert. Toll!
Exercise:
Welche Daten stehen stellvertretend für eine Nutzungsgewohnheit, die zur Personalisierung des smarten Stocks beiträgt, und welche sind nur einzelne Daten, die Momentaufnahmen darstellen?
Maria findet es gut, dass ihr Opa so technikbegeistert ist und für ihn und ihre Oma innovative und intelligente Geräte ausgesucht hat. Besonders der smarte Gehstock beruhigt sie. Sie fragt sich aber, ob es nicht sinnvoll wäre, ergänzend einen klassischen Notfallknopf zu nutzen, da ihre Oma den Gehstock nicht immer bei sich hat.