Kaufverhalten smart analysieren
Lektion 2
Kein Kuchen bei gutem Wetter
Die Sache mit dem Gebrauchtwagenangebot hat sich jetzt erledigt. Für Anton ist das blöd. Lisa hätte auch nicht sofort an Betrug gedacht. Um ihn etwas aufzuheitern, beschließt sie, Anton auf ein Stück Kuchen einzuladen. Um die Ecke gibt es eine Bäckerei, die leckeren Pflaumenkuchen hat. Doch als sie ankommen, gibt es leider keinen Pflaumenkuchen mehr in der Auslage.
Verkäuferin: Was darf's denn sein?
Lisa: Eigentlich wollten wir zwei Stück Pflaumenkuchen, aber die sind wohl heute schon alle weg?
Verkäuferin: Pflaumenkuchen hatten wir heute gar nicht. Das entscheiden wir immer je nach Wetter.
Lisa: Wie bitte?
Verkäuferin: Ja, unser Chef hat sich neulich von einer Firma beraten lassen. Seitdem wissen wir: Wenn das Wetter gut ist, kauft fast niemand unseren Pflaumenkuchen. Und am Ende müssen wir dann viel davon wegschmeißen.
Lisa: Ach so...
Wichtige Wetterdaten
An manchen Tagen sind die Brötchen schon vormittags ausverkauft, an anderen ist das Fach bei Ladenschluss noch halb voll. Mal stehen die Kunden Schlange, mal haben die Verkäufer*innen den halben Tag nichts zu tun. Welche Waren eine Bäckerei wann in welcher Menge herstellt, wird meist nach Erfahrung entschieden. Dabei wird das Kaufverhalten im Lebensmittelhandel von vielen Dingen beeinflusst. Einer der wichtigsten Aspekte ist das Wetter. Bei höheren Temperaturen wird zum Beispiel weniger dunkles Brot verkauft. In den Ferien steigt die Nachfrage nach Brötchen, weil häufiger lang und viel gefrühstückt wird. Der Kuchenabsatz steigt interessanterweise bei schlechtem Wetter.
Manche Firmen haben sich darauf spezialisiert, solche Daten zu sammeln, auszuwerten und zum Beispiel an Bäckereien zu verkaufen. Dabei kommt eine Analyse-Software zum Einsatz, die erst prüft: Bei welchem Wetter und an welchen Wochentagen kaufen die Kund*innen welche Produkte? Zu welchen Uhrzeiten? Wie sieht es an Feiertagen aus?
Unglaubliche 400 Variablen werden ausgewertet und darauf basierend Prognosen erstellt. Weicht eine Prognose von den tatsächlichen Verkaufszahlen ab, lernt die Software, die Faktoren anders zu bewerten. Dadurch wird sie immer besser. Dies ist ein Anwendungsfall von maschinellem Lernen.
Exercise:
Von Analyse-Systemen ausgewertete Wetterdaten werden inzwischen auch in vielen anderen Bereichen eingesetzt. Sie können nicht nur zu mehr Umsatz führen, sondern etwa auch dabei helfen, die Umwelt zu schützen.
Blick in die Zukunft
Auf dem Rückweg unterhalten sich Lisa und Anton weiter über die Bäckerei. Das ist schon erstaunlich, was man inzwischen alles mit Daten machen kann. Könnte man das nicht auch für die Werkstatt nutzen? Man sammelt einfach alle möglichen Daten und sucht nach Zusammenhängen.
Zum Beispiel: Wie viele Kund*innen kommen an bestimmten Tagen? Danach könnte man planen, wie viele Mitarbeiter*innen etwa an Donnerstagen überhaupt gebraucht werden. Oder wann wie viele Autos mit manipulierten Tachos angeboten werden, ergänzt Anton und lacht.
Anton hat recht. Bäckereien sind bei weitem nicht die einzigen Unternehmen, die versuchen, mithilfe von Daten aus der Vergangenheit auf Entwicklungen in der Zukunft zu schließen. „Predictive Analytics“ wird diese Methode auch genannt. Zum Beispiel können Betriebe mithilfe von Datenanalyse schon herausfinden, an welchen Tagen wie viel Personal gebraucht wird. Entscheidend hierfür ist ja einfach eine Auswertung, wie gut es an bestimmten Tagen oder in bestimmten Monaten läuft. Wenn man als Geschäftsführer*in eine solche Übersicht hätte, könnte man zum Beispiel besser planen, wie man seine Mitarbeiter*innen einsetzt. Das spart Kosten und Arbeitszeit.
In der Energiebranche setzt man Predictive Analytics ein, um den Stromverbrauch anhand gespeicherter Verbrauchsdaten vorherzusagen. Das ist vor allem beim Einsatz erneuerbarer Energien wie Wind- und Wasserkraft wichtig. Sie sollte man immer nach Bedarf regulieren, um nicht zu viel oder zu wenig Strom zu produzieren. Banken schätzen beim sogenannten Kreditscoring die Wahrscheinlichkeit ab, mit der Kredite zurückgezahlt werden können – also wie kreditwürdig jemand ist. Basierend auf Daten wie „Kunde seit“, „Wohnort“, „Beruf“ und „finanzielle Sicherheiten“ werden Punkte vergeben, gewichtet und dann zu einer einzelnen Note, dem Score, zusammengefasst.
Exercise:
Predictive Analytics ist ein sehr wirksames Werkzeug. Aber es hat auch seine Grenzen und Risiken. Welche der folgenden Aussagen treffen zu?
Erläuterung
Wie gut Predictive Analytics funktioniert, hängt immer von der Verfügbarkeit und Qualität der Daten ab, die man verwendet. Schließlich bilden sie die Basis für die Vorhersage. Hat man zu wenige oder die falschen Daten, wird es schwierig. Stell dir folgende Situationen vor: Du hast ein gutes Einkommen und wohnst in einem Viertel mit vielen Sozialwohnungen. Eigentlich solltest du keine Probleme haben, einen Kredit zu bekommen, aber dein Kreditscore wird wegen deines Wohnortes heruntergestuft. Oder du bist eine gut verdienende Ingenieurin und dein Kreditrahmen ist unverhältnismäßig gering – einfach, weil du eine Frau bist. Die Analysesoftware der Bank entscheidet, dass du deshalb weniger kreditwürdig bist als ein vergleichbarer männlicher Antragsteller. Solche Dinge passieren tatsächlich.
Trügerische Schlüsse
Anton und Lisa erzählen ihrem Chef, dass die Bäckerei um die Ecke Wetterdaten nutzt, um ihren Verkauf zu optimieren und schlagen ihm vor, so eine Datenanalyse auch in der Werkstatt einzusetzen. Aber da muss Claus Kummer ihren Enthusiasmus ein wenig dämpfen. Bei großen Ketten wie Bäckereien oder Drogerien kann er sich schon vorstellen, dass eine solche Datenanalyse funktioniert. Doch Claus ist sich nicht sicher, ob man einem solchen System immer trauen kann.
Lisas Chef ist zu Recht vorsichtig. Angenommen, Anton und Lisa schafften es tatsächlich, eine Menge Daten zu erheben und darin Muster zu erkennen. Was könnten sie daraus ableiten?
Die Grafik zeigt einen Zusammenhang zwischen dem Pro-Kopf-Verzehr von Hühnchen und Rohölimporten. Man sagt, die beiden Dinge korrelieren miteinander. Wie dieser Zusammenhang aber genau zustande kommt, ist nicht klar. Deshalb sollte man aus einem solchen Zusammenhang nicht direkt auf eine Kausalität schließen: Diese Ursache-Wirkung-Beziehung gäbe es nur, wenn mehr verzehrte Hühnchen zu höheren Rohölimporten führen würden oder umgekehrt. Im Alltag fällt es uns oft erstaunlich schwer, diese beiden Zusammenhänge zu unterscheiden.
Exercise:
Angenommen, der Pro-Kopf-Verzehr von Hühnchen würde wirklich die Rohölimporte beeinflussen, könnte man das mit einer Kausalkette erklären. Bring die Folgen in die richtige Reihenfolge.